- DIE SONDERROLLEN

Herz lag in ihrem Nest, welches von Brombeerranken umgeben war. Sie spürte ein Fell neben ihrem und roch ihren Gefährten. Sie fühlte sich sicher und geborgen bei ihm. Einige Sonnenstrahlen fanden ihren Weg durch die Brombeerranken in ihr Nest aus Moos. Die sah zu ihrem schlafenden Gefährten und versuchte möglichst leise aus ihrem Nest hinaus zugehen, ohne ihn dabei zu wecken. Leise stand sie auf und streckte ihre steifen Glieder. Sie gähnte ausgiebig und schlüpfte durch eine kleine Öffnung aus dem Bau. Sie sah zu einem anderen Bau in dem ihre Junge schliefen. Herz schnurrte, als sie an die Geburt von ihnen dachte. Wie sie das erste mal die Augen öffneten und ihre Mutter ansahen, wie sie ihre ersten Schritte machten.. Herz versank in Erinnerungen. Das laute Zwitschern eines Vogels riss sie aus den Gedanken und sie starrte in die Luft. Ein Spatz oder irgendein anderer kleiner Vogel flog über ihr hinweg. Die Kätzin sah ihm nach, bis er zwischen den Bäumen verschwand. Sie spürte plötzlich ein Hungergefühl und sah an sich herab. Sie war dünn, fast schon mager. Kein Wunder. Sie hatten eine lange und schwere Blattleere hinter sich. Der Schnee fiel ununterbrochen und es war nie genug Beute da. Glücklicherweise überlebten sie alle. Sie, ihr Gefährte und ihre gemeinsamen drei Junge. Jeden Tag, wenn sie ihre Junge zusammen sah, wie sie ausgelassen spielten, oder übten zu kämpfen oder ähnliches, bekam sie einen Stich im Herzen und dachte an ihre eigene Kindheit. Sie dachte an Spiegelbild, ihre Schwester die von ihrem Bruder Wind -der nebenbei erwähnt auch der einzige Kater im Wurf war- sehr gedemütigt wurde und auch an Falke, ihre Schwester die mit niemandem etwas zu tun haben wollte. Auch wenn ihre drei Geschwister alle so anders waren, liebte Herz sie alle von ganzem Herzen und wünschte sich, das ihre ganze Kindheit anders verlaufen wäre. Seufzend war Herz wieder in der Gegenwart. Sie sah in den Himmel, wo sich dicke, graue Wolken bildeten, die wahrscheinlich Regen bringen würden. Doch bevor dieser kommen könnte zog Herz los und trottete tiefer in den Wald. Mit leicht geöffnetem Maul, damit sie Gerüche besser aufnehmen konnte, schlich sie durch das Unterholz. Und da war was! Eine Maus. Herz hatte lange schon keine Maus mehr gefressen. Sie hielt die Schnauze in die Luft, um die Fährte der Maus aufzunehmen. Da war sie. Herz schlich auf ein Brombeergebüsch zu und sah die Maus an einer großen Eiche sitzen. Die Maus war dick und sah von weitem schon saftig aus. Herz dachte an ihre erste Maus, die sie gefangen hatte. Ihr Vater Krähenfeder hatte es ihr oft genug gezeigt und irgendwann schaffte die Kätzin es, ihre erste Maus zu fangen. Sie hörte beinahe die Stimme ihres Vater in ihrem Kopf, als sie zu der dicken Maus herüber sah. Langsam ging sie in die Kauerstellung und bewegte sich Schritt für Schritt auf die Maus zu. Da Herz braunes Fell hatte, fiel sie zwischen den ganzen Bäumen nicht großartig auf. Die Maus saß ahnungslos an dem Baum und wusch sich. Als sie nah genug an der Maus war, sprang sie blitzschnell auf und landete mit ihren zierlichen Vorderpfoten auf der Maus, die erst gar nicht begriff, was mit ihr geschah. Doch als sie es begriff, war es schon vorbei mit ihr. Herz verpasste ihr einen gekonnten Todesbiss, wobei sie das warme Blut in ihrem Maul spürte. Zufrieden trabte sie mit der Maus zurück nach Hause. Sie legte die Maus ab und legte sich daneben. Wenn ihre Familie aufwachte, würden sie sich über die Frischbeute freuen und sie könnten sich die Maus alle teilen.